WTT im Wandel – das gilt nicht zuletzt und mehr noch als sonst unter Pandemiebedingungen. Gerade im konkreten Erfahrungsraum begegnen uns tagtäglich die damit verbundenen neuen Herausforderungen. Claus Schulte, Projektmanager der Ascenion und Mitglied des Redaktionsteams bei FokusTransfer berichtet aus seinem veränderten Arbeitsalltag:
Einer der besten Sprüche, die ich in den letzten zehn Jahren aufschnappen durfte, lautet: ‚Nichts ist so schlecht, als dass es nicht für irgendetwas gut wäre.‘ Eine nützliche Einstellung, gerade in Zeiten der Pandemie. Und ich würde wetten, dass bei einer Umfrage zur Feststellung von Themen mit gesteigerter Wichtigkeit und Nutzen die ‚Digitalisierung‘ einen festen Platz unter den Top 5 bekäme. Und das wahrscheinlich quer durch die Bevölkerung und alle Berufsgruppen.
Einzelhandel, Büroalltag, Kontakt zu Freunden und Familie – man hat die freie Auswahl, um das ‚Digital‘-Thema anzubringen; und natürlich die Schulen. Vielleicht einer der wichtigsten Bereiche, in denen Digitalisierung an Bedeutung gewann. Ich muss zugeben, für mich entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, wenn die Generation der jungen ‚Digital Natives‘ auf der einen Seite in der Schule, trotz heroischem Einsatz vieler Lehrkräfte, monatelang auf mehr schlecht als rechte Kommunikations- und Arbeitsmittel angewiesen ist, und auf der anderen Seite einen Großteil ihrer Freizeit in den perfekten digitalen Welten von TikTok und Instagram verbringt. Die Notwendigkeit zum digitalen Ausbau der Schulen und Behörden war wohl nie deutlicher.
Aber auch der Wissens- und Technologietransfer muss dazu lernen. Ein schönes Beispiel ergab sich bei uns im Hause Ascenion. Die von uns seit Jahren ausgerichtete Konferenz BioVaria wird dieses Jahr erstmals virtuell stattfinden. Am 26. – 28. April ist es so weit. Zwar ist es für ein abschließendes Urteil bezüglich der damit verbunden Änderungen noch zu früh, doch möchte ich ein paar Lessons Learned jetzt schon mit Euch teilen. Wo fangen wir an? Zunächst ist festzuhalten, dass eine digitale Messe an sich nicht komplizierter zu organisieren ist als eine Präsenzmesse. Ich hoffe, ich tue meinen lieben Kollegen mit dieser Aussage nicht unrecht. Man sollte sich vor Augen führen, dass eine Messeorganisation jedes Mal ein Mammutprojekt ist. Dasselbe gilt für eine digitale Veranstaltung. Sie ist von den Aufgaben her anders, aber vom Aufwand in etwa vergleichbar. Viele Aspekte bleiben natürlich gleich. Im Grunde sind hiermit alle inhaltlichen Themen gemeint. Die Investorensuche, thematische Abstimmung, Koordinierung der Vortragenden et cetera pp. sind natürlich alles unveränderte Notwendigkeiten. Andere Thematiken kann man hingegen komplett ausklammern. Die Unterbringung der Gäste, die Location, das Essen, Räumlichkeiten usw. Soweit sind das alles noch keine großen Neuigkeiten, der Teufel liegt wie immer im Detail.
So war es zum Beispiel bisher ein Leichtes, unser Speeddating beim Startup Pitch & Partner Event zu organisieren. Man nehme eine in etwa gleiche Anzahl von Investoren und gründungswilligen Teams, in unserem Fall in etwa jeweils 15, gebe jedem Investor einen festen Tisch und lasse die Gründer nach fünf Minuten ein Plätzchen weiterziehen, bis jeder Geldgeber mit jeder Gruppe gesprochen hat. Schön und simpel.
Bei der Vorbereitung des digitalen Datings wollten wir zunächst auf eine bekannte Videokonferenzplattform zurückgreifen und die Meetings hierüber durchführen. Anfangs planten wir jedes Meeting ‘händisch‘ durch uns freizugeben und auch wieder zu beenden. Es dämmerte uns dann mit der Zeit, dass wir nicht nur eine entsprechend große Anzahl an Räumen brauchen würden, sondern durch die Kraft der Kombinatorik, auch 15 mal 15 Meetings, also insgesamt 225, zu koordinieren hätten. Ich meine in diesem Moment der Erkenntnis eine leichte Farbveränderung hin zu blass im Gesicht der zuständigen Kollegin erkannt zu haben. Sollten 5 weitere Gruppen und 5 Investoren dazukommen, was durchaus im Bereich des Möglichen liegt, hätten wir es mit sportlichen 400 Dates zu tun. Von der praktischen Durchführbarkeit ein Unding. Nun mussten Lösungen her.
Es war schnell klar, dass nur ein automatischer Ansatz hier helfen würde; die traurige Alternative war, das Speeddating ersatzlos zu streichen. Zum Glück haben sich im vergangenen Jahr viele kleine Unternehmen mit maßgeschneiderten Angeboten genau auf diese neuen Bedürfnisse ihrer potenziellen Kunden eingeschossen. So haben wir nach kurzer Suche einen Anbieter gefunden, der ein System offeriert, in dem Partner automatisch miteinander verbunden und nach dem Gespräch in eine virtuelle Lobby geführt werden, um sich mit dem nächsten freiwerdenden Partner in Kontakt setzen zu können. Eine fertige und perfekte Lösung unserer Probleme, dachten wir. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: bei unserem ersten Test lief nicht alles nach Plan. Neue Ansätze haben halt selten plug-and-play-Qualitäten. Diese Erkenntnis, gepaart mit der Tatsache, dass wir es mit einem Live-Event zu tun haben, bei dem unsere Eingriffsmöglichkeiten minimal sind, bereitet uns daher immer noch etwas Sorge. Wir arbeiten jedoch mit der Zuversicht, die Probleme adressieren und im April ein spannendes und unfallfreies Event bieten zu können.
Auf gutes Gelingen!