Zahlreiche Akteure auf nationaler und internationaler Ebene beschäftigen sich gegenwärtig in unterschiedlichen Gruppen und Projekten mit der Frage, wie sich die Transferleistung von Wissenschaftseinrichtungen bestmöglich messen und darstellen lässt. Die Diskussionen über die Anwendung geeigneter Transferkennzahlen ist so alt wie der Wissens- und Technologietransfer selbst. Historisch gesehen war in den vergangenen Jahrzehnten eine klare Entwicklungslinie erkennbar. Gab es ursprünglich einen klaren Fokus auf das Thema Patente, so kamen im Entwicklungsverlauf zunehmend weitere Kennzahlen hinzu, die einen breiteren Blick auf den Technologietransfer-Output hatten. Dazu zählen Lizenzen, Drittmitteleinnahmen aus der Wirtschaft, Ausgründungen.
Seit einigen Jahren wird auch dieser Ansatz als zu eng empfunden und zunehmend versucht eine umfassendere Abbildung des gesamten Transfer-Impacts von Wissenschaftseinrichtungen vorzunehmen. Das hat – insbesondere bei den Einrichtungen, die nicht vornehmlich technologieorientiert forschen – seine Berechtigung, keine Frage. Etwas ketzerisch könnte man aber auch argumentieren: „Wenn die bisherigen Transferkennzahlen nicht zufriedenstellend ausfallen, dann lasst uns doch einfach neue suchen oder lieber einzelne Fallbeispiele beschreiben. Vielleicht schneiden wir ja da besser ab.“
Schwerpunktsetzung der Transferkennzahlen im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte
Jedoch ist der zunehmende Trend Impact-Kennzahlen in den Fokus zu rücken nicht ohne Kritik. Einerseits besteht die Frage der Datenverfügbarkeit bzw. des Aufwands der Erhebung. Andererseits ist fraglich, inwiefern Wissenschaftseinrichtungen für das Ausmaß des Impacts verantwortlich sind. Haben die Wissenschaftseinrichtungen auf den Transfer-Output (z. B. Anzahl Lizenzen oder Ausgründungen) noch einen signifikanten Einfluss, so ist dies bzgl. des Impacts (z. B. Anzahl der langfristig geschaffenen Arbeitsplätze, Verbreitungsgrad und Auswirkung eines neuen Forschungsergebnisses auf die Gesellschaft) schon weitaus weniger der Fall.
Aber warum ist es offensichtlich so schwierig, sich auf geeignete Indikatoren bzw. einen allseits akzeptierten „Kernindikatorensatz“ für den Transfer zu verständigen? Das hat viele Gründe. Maßgeblich ist jedoch, dass die Ziele der Erhebungen jeweils sehr unterschiedlich sind. Ob Indikatoren geeignet sind, muss sich immer am jeweiligen Erhebungsziel messen. Sprich, einen „one fits all-Ansatz“ kann es nicht geben.
Drei maßgebliche Zielsetzungen der Erhebung von Transferindikatoren sind:
EU, Bund und Länder verfolgen mit der Finanzierung öffentlicher Forschung politische Ziele. Wissenschaftseinrichtungen sollen mit der öffentlichen Forschung zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen, zum Innovationsgeschehen und auch zum Erhalt der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Soll also auf gesamtstaatlicher Ebene die Wirksamkeit des öffentlichen Mitteleinsatzes bewertet werden, müssen die gewählten Indikatoren die Erreichung dieser Ziele abbilden. Letztlich bedarf es hierbei Vollerhebungen (siehe PAKT für Forschung und Innovation). Kritsch ist hierbei sicherlich, dass die die Politik ihre mit der Vergabe von Forschungsmitteln einhergehenden Ziele nicht immer genau genug definiert. Nicht zuletzt kommt hierbei auch zum Tragen, dass sowohl die unterschiedliche Bund-Länderhoheit, als auch die unterschiedlichen Profile von Forschungseinrichtungen, Universitäten und Hochschulen angewandter Wissenschaften diese Zieldefinition nicht einfach gestalten.
Die Evaluierung der Leistung von Forschungseinrichtungen muss einem anderen Ansatz folgen. Jede Einrichtung definiert ihren Beitrag zur Erreichung der gesamtstaatlichen politischen Ziele anders. Die einzelnen Wissenschaftseinrichtungen definieren in ihren Strategien eigenständig oder in Aushandlung mit den Mittelgebern individuelle Transfer-Ziele. Idealerweise gibt es große Schnittmengen mit den forschungspolitischen Zielen, letztlich sind die geeigneten Transferindikatoren hier aber höchst individuell. Nicht selten basiert die Erfolgsdokumentation und Bewertung im Rahmen von Evaluierungen auch auf der geeigneten Darstellung von einzelnen erfolgreichen Fallbeispielen.
Und dann ist da noch das selbstbestimmte Benchmarking von Transfereinheiten. Bei richtiger Anwendung führen diese zu kontinuierlichen Verbesserungsprozessen in den Wissenschaftseinrichtungen. Dies kann der Profilbildung bzw. ‑schärfung, der Steuerung und Weiterentwicklung des WTT sowie der internen und externen Kommunikation dienlich sein. Soll das Benchmarking auf einer großen Anzahl von Datensätzen und Kategorisierungsmöglichkeiten beruhen (z. B. nach Technologiefeld oder Art der Einrichtung) so eignen sich hierfür größere standardisierte Umfragen. Die Erhebungen von Verbänden wie der TransferAllianz, ASTP, AUTM dienen u. a. diesem Ziel. Benchmarks sind aber auch individuell zwischen einzelnen ausgewählten Einrichtungen sinnvoll und möglich und können dort eine Vielzahl individueller Kennzahlen, aber auch andere Parameter (z. B. Prozesse, Strukturen) umfassen.
Eine große Herausforderung der Erhebung von Transferkennzahlen sind deren Verfügbarkeit sowie die mangelnde Sorgfalt bei deren klarer Definition, die weder bei der Erhebung noch bei der späteren Auswertung Interpretationsspielraum lassen. Es bedarf hierbei einer stärkeren –auch internationalen- Standardisierung. Es sollte das Motto gelten: „weniger ist mehr“. Was nützen Umfragen, bei denen nur ein Bruchteil der Befragten überhaupt in der Lage ist, die abgefragten Kennzahlen mit vertretbarem Aufwand angeben zu können?
Die Erhebung von Kennzahlen ist das eine, deren Auswertung und Bewertung das andere. Letzteres bedingt eine geeignete Normierung, z. B. durch Verhältnissetzungen zum Ressourceneinsatz (u. a. Anzahl Wissenschaftler). Zudem bedarf es des Abgleichs zu vorab klar definierten Zielsetzungen oder geeigneten Benchmarks. Weiterhin geeignet sind Zeitvergleiche, die jedoch eine regelmäßige gleichartige Kennzahlenerhebung voraussetzen. Alles in allem bleibt aber die Erhebung sowie die Auswertung geeigneter Transferkennzahlen für alle Beteiligten eine höchst anspruchsvolle Aufgabe.