Sobald die Rollläden morgens selbstständig hochfahren, schaltet sich automatisch das Radio ein und die Heizung dreht hoch – immer mehr Menschen statten ihre Wohnung mit intelligenten, vernetzten Geräten aus. Doch nicht immer befinden sich die benötigten Anschlüsse dort, wo sie gebraucht werden. Die Lösung: Smarte Textiloberflächen, die Wände und Böden im Wohnbereich für kabelbasierte Stromversorgung und Kommunikation nutzbar machen. Entwickelt wurde die innovative Technologie von einem Konsortium unter Koordination des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt ConText.
Die Möglichkeiten, Wohnumgebungen intelligent zu gestalten, sind vielfältig. Dank des sogenannten Internets der Dinge (Internet of Things, IoT) lassen sich Wohngegenstände heute so miteinander vernetzen, dass sie uns den Alltag in vielerlei Hinsicht erleichtern. Allerdings fehlt es in privaten Haushalten in der Regel an flächendeckenden Niederspannungs- und Kommunikationsanschlüssen, um IoT-Komponenten wie Temperatursensoren, Mikrofone oder Lichtsignale an den gewünschten Orten zu installieren. Daher funktionieren die Geräte meist mit Batterien und Funktechnologien, was sie anfällig für Störungen und Ausfälle macht.
Textilbasierte Stromversorgung, Kommunikation und Interaktion
Doch wie kann dem Wunsch nach Gestaltungsfreiheit und Flexibilität beim Einsatz von Smart-Home-Systemen bei gleichzeitigem Verzicht auf unvorteilhafte Energieversorgung und Datenkommunikation entsprochen werden? Mit dieser Frage beschäftige sich seit Juli 2019 ein Verbund aus Industrie- und Forschungspartnern in dem nun abgeschlossenen Projekt ConText („Connecting Textiles“). Inspiriert von den Möglichkeiten intelligenter textiler Materialien, wie sie bereits heute bei der Herstellung smarter Kleidung zum Einsatz kommen, untersuchten die Partner das Potenzial elektronischer Textilien für die kabelbasierte Niederspannungsversorgung und Kommunikation in Rauminnenflächen. In einem explorativen und nutzungsorientierten Prozess entwickelten sie eine Infrastruktur, die die Vorteile kabelgebundener Verbindungen nutzt und sich zugleich unsichtbar in Textiloberflächen integrieren lässt. Die sogenannten Connecting Textiles ermöglichen nicht nur die flexible Anbringung von Aktoren und Sensoren im Wohnbereich mittels frei positionierbarer Patches, sondern auch die Stromversorgung und die Kommunikation mit Smart-Home-Systemen. Zudem stellt die entwickelte Infrastruktur haptische Interaktionsmodalitäten zur intuitiven Steuerung von IoT-Geräten bereit.
Demonstratoren stellen Infrastruktur über textile Tapete bereit
Im Projekt gefertigte Demonstratoren setzen die Connecting Textiles beispielhaft anhand einer Tapete um. Diese besteht aus mehreren Schichten: einer magnetischen Rückschicht, die die Haftung zwischen den Patches und der Tapete erhöht, einer Funktionsschicht mit eingewebten Leiterbahnen, die den Strom vertikal durch die Tapete verteilen, und einer dekorativen Deckschicht. Zur Realisierung der Leiterbahnen untersuchten die Partner verschiedene gewebte und nicht-gewebte Materialien, wie sie heute für Standardtapeten verwendet werden, sowie unterschiedliche Verarbeitungstechniken, darunter Siebdruck und Weben. Dabei erwiesen sich die gewebten Proben aufgrund ihrer vergleichsweisen hohen Leitfähigkeit als für die Funktionsschicht am geeignetsten. Die elektrische Kontaktierung einer Tapetenbahn erfolgt über die Sockelleiste, die auch benachbarte Tapetenbahnen miteinander verbindet, um großflächige Anwendungen zu ermöglichen. Die Leiste enthält zudem die notwendige Elektronik sowie Funktionen, die den Stromfluss überwachen, um mögliche Schäden an der Tapete oder falsch angebrachte Bahnen zu erkennen.
Nutzerorientierte Entwicklung intuitiver Interaktionselemente
Als zentrale Interaktionselemente der Connecting Textiles dienen funktionale Patches, die sich entweder mithilfe von Magneten oder mittels an der Rückseite befestigter Mikronadeln flexibel an der Tapete anbringen lassen. Die Patches können entweder eine IoT-Funktionalität enthalten, z.B. einen Sensor, oder ein oder mehrere IoT-Geräte miteinander verbinden, um sie in das Smart-Home-System zu integrieren. Die Steuerung und Konfiguration der Geräte kann auch direkt auf der Tapete über ein zusätzliches, mittels Siebdruck auf Textil konfektioniertes Interaktionsfeld erfolgen. Eine Mustererkennungssoftware erfasst die Grundmuster von Gesteninteraktionen und ermöglicht es, Steuerungsgesten und Interaktionsfolgen selbst zu definieren. Das Interaktionskonzept wurde im Projekt partizipativ unter direkter Beteiligung von Nutzenden entwickelt und evaluiert.
Dr. Serge Autexier, ConText-Projektleiter am DFKI-Forschungsbereich Cyber-Physical Systems: „Dank des Engagements und der sehr guten Zusammenarbeit der Projektpartner ist es uns gelungen, die Umsetzbarkeit von Connecting Textiles als flexibles, adaptierbares und leicht konfigurierbares Interaktionsmedium zu demonstrieren, das sich nahtlos in Smart Homes integrieren lässt. Damit eröffnen sich nicht nur neue Möglichkeiten für die Konfektion funktionaler Textiloberflächen, sondern auch für die Entwicklung neuartiger IoT-Anwendungen und die kreative Gestaltung personalisierter Mensch-Umgebungs-Interaktionen über den Anwendungskontext von Wohnumgebungen hinaus.“
Einer der im Rahmen des Projekts entwickelten Demonstratoren ist als Teil der Smart-Home-Umgebung in die Infrastruktur des Bremen Ambient Assisted Living Lab (BAALL) des DFKI integriert.
ConText wurde vom 1. Juli 2019 bis 31.12.2022 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Zu den Projektpartnern gehörten:
• DFKI – Forschungsbereich Cyber-Physical Systems, Bremen
• DFKI – Forschungsbereich Interaktive Textilien, Berlin
• Robert Bosch GmbH, Renningen
• Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF), Denkendorf
• Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM), Bremen
• Norafin Industries (Germany) GmbH, Mildenau
• Peppermint Holding GmbH, Berlin
• Innovative Living Institute GmbH & Co.KG, Mülheim an der Ruhr (im Unterauftrag)
Beitragsbild: © DFKI
Eine nachhaltige, effiziente und souveräne Datenverarbeitung sowie ein wettbewerbsfähiger Mittelstand – beides fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit dem Technologieprogramm „Edge Datenwirtschaft“. Der DLR Projektträger hat das Programm konzeptionell mitgestaltet und das BMWK von Anfang an eng beraten und begleitet.
Mit dem bilateralen deutsch-österreichischen Förderprojekt ARIKI ist diese Woche das zehnte und damit letzte Projekt des Technologieprogramms „Edge Datenwirtschaft“ gestartet. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert die Projekte mit insgesamt 30 Millionen Euro.
Ziel des Programms ist, Edge-Computing-Software zu entwickeln und zu erproben. Die lokale Datenverarbeitung, die durch die Edge-Projekte vorangetrieben wird, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und digitale Souveränität insbesondere von kleineren Unternehmen. Dabei werden die Potenziale der Digitalisierung für den Umwelt- und Klimaschutz genutzt. Der DLR Projektträger hat das Technologieprogramm konzeptionell mitgestaltet – über wissenschaftliche Analysen, Fachgespräche mit externen Netzwerken und strategische Impulse bei der Konzeption des Forschungsschwerpunktes.
Innovative Lösungen für Nachhaltigkeit, Effizienz und digitale Souveränität
Die geförderten Projekte schaffen eine Grundlage für datenbasierte Lösungen und Geschäftsmodelle. Durch ihren Leuchtturmcharakter erzeugen sie eine branchenübergreifende Wirkung – in so unterschiedlichen Anwendungsbereichen wie Produktion, Energie, Lebensmittel, Smart Living oder Pflege. Dabei geht es immer darum, innovative Lösungen für mehr Nachhaltigkeit, Effizienz und Dezentralisierung zu entwickeln. So zielt das Projekt EASY darauf ab, ein sicheres, skalierbares und standardisiertes Edge-Cloud-Kontinuum im Produktionsprozess zu schaffen. Damit können Fertigungsunternehmen steuern, ob sie ihre Daten lokal („on the edge“) oder zentral („in the cloud“) verarbeiten. Im Projekt RIWWER geht es um eine KI-basierte Entscheidungshilfe für Kanalbetreiber im kommunalen Abwassersystem: Bei extremen Wetterereignissen können die Wassermengen intelligent und dezentral verteilt werden. Das Projekt CAREFUL-EDGE‑X entwickelt eine Gaia-X-konforme Lösung für Pflegeanwendungen. Vitaldaten werden lokal erfasst und verarbeitet, die Umsetzung wird in einem intelligenten Pflegezimmer demonstriert.
Die Projekte laufen 36 Monate. Der DLR Projektträger begleitet sie fachlich und stellt dabei sicher, dass auch programmübergreifende Schnittstellen effizient genutzt werden, etwa mit Blick auf die europäische Idee der Data Spaces oder das Großprojekt IPCEI Cloud Infrastrukturen und Services.
Mit dem Technologietransfer-Programm Leichtbau (TTP LB) unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) seit 2020 Forschung und Entwicklung im Leichtbau. Mit der Aufstockung der Fördermittel für das TTP LB aus dem Klima- und Transformationsfonds erhält das Förderprogramm nun beträchtliche zusätzliche Mittel.
Als Konstruktionsphilosophie, die auf die Gewichtsreduzierung, Energie- und Materialeffizienz sowie Funktionalität von Bauteilen abzielt, bietet Leichtbau Lösungen für viele unterschiedliche Anwendungen. Ob im Fahrzeugbau, dem Maschinen- und Anlagenbau oder Bauwesen: Mit Leichtbau-Ansätzen können Kosten, Materialeinsatz und Treibhausgasemissionen in der Produktion und späteren Anwendung von Bauteilen und Produkten gesenkt werden. Überdies gehört auch die Wiederverwendung bzw. das Recycling am Produktlebensende zu einem materialeffizienten und nachhaltigen Leichtbau. Das branchenübergreifend ausgerichtete TTP LB leistet somit einen entscheidenden Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Transformation der Industrie.
Um die großen Potenziale von Leichtbau-Technologien für Wirtschaft und Klimaschutz auszuschöpfen, standen dem TTP LB bisher 73 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Nunmehr werden noch zusätzliche Fördermittel für das TTP LB bereitgestellt: im Jahr 2023 steigen die für das TTP LB verfügbaren Fördermittel auf insgesamt 109 Millionen Euro. Ab 2024 stehen nach derzeitiger Finanzplanung voraussichtlich insgesamt 129 Millionen Euro pro Jahr aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zur Verfügung.
Mit den zusätzlichen Fördermitteln soll das erfolgreiche Leichtbau-Förderprogramm noch attraktiver werden. Zudem wird in den kommenden Monaten eine überarbeitete Förderrichtlinie für das Programm veröffentlicht werden.
Innovationen in die industrielle Anwendung tragen
Mit dem TTP LB fördert das BMWK kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), große Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen, um in gemeinsamen Forschungsvorhaben Innovationen im Leichtbau voranzutreiben. Dabei verfolgt das TTP LB insbesondere folgende Ziele:
• Leichtbau in die breite industrielle Anwendung tragen.
• Innovations- und Wertschöpfungspotenziale des Leichtbaus heben.
• Branchen- und materialübergreifenden Wissens- und Technologietransfer fördern.
• Durch Digitalisierung verknüpfte Wertschöpfungsketten schaffen.
• Einen maßgeblichen Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeits- und Klimaziele leisten.
Zurzeit ist der Projektträger Jülich (PtJ) mit der Abwicklung des TTP LB beauftragt. PtJ übernimmt die Programmentwicklung, die Projektförderung sowie das begleitende Monitoring für das Förderprogramm. Die Förderung wird über ein zweistufiges Antragsverfahren (Skizze und Vollantrag) beantragt. Der nächste Stichtag für die Einreichung von Skizzen ist der 1. April 2023.
Klima- und Transformationsfonds finanziert Klimaschutz und nachhaltige Energieversorgung
Der KTF zielt auf die Erreichung der deutschen Klimaschutzziele und die Transformation der deutschen Wirtschaft ab. Das TTP LB wird vollständig aus dem Fond finanziert.
Weitere Informationen zum TTP LB: https://www.ptj.de/projektfoerderung/ttp-leichtbau