Der Publikationsdruck in der Wissenschaft ist hoch. Um den Erwartungen zu entsprechen, widmen sich Wissenschaftler*innen anderen Aufgaben wie guter Lehre oder Open Science deutlich weniger – obwohl sie diese Ziele ebenfalls als sehr wichtig einstufen. Zu diesen Ergebnissen kommt der Berlin Science Survey, eine aktuelle Studie unter Wissenschaftler*innen im integrierten Forschungsraum Berlin – durchgeführt von der Berlin University Alliance.
Wie wirken sich wissenschaftspolitische Zielsetzungen auf die Forschungspraktiken und Forschungsqualität von Wissenschaftler*innen aus? Dieser Fragestellung hat sich der Berlin Science Survey im Rahmen einer Pilotstudie gewidmet und dabei die Schwerpunkte Open Science, Kooperation und Wissenstransfer gesetzt. Auch Einschätzungen zum Berliner Forschungsraum wurden erhoben.
Ein Missverhältnis zwischen den Zielsetzungen der Forschenden und den Erwartungen, denen sie sich ausgesetzt fühlen, zeigte sich vor allem in den Bereichen “Gute Lehre”, “Open Science” und “Publikationsoutput”. So gaben 85 Prozent der befragten Wissenschaftler*innen an, dass eine gute Lehre einen übergeordneten Stellenwert im Wissenschaftssystem haben sollte. 72 Prozent waren dagegen der Meinung, dass “Publikationsoutput” kein übergeordnetes Ziel darstellen sollte – womit das Ziel den letzten Platz besetzte.
Wenn es um den Erwartungsdruck geht, den die Wissenschaftler*innen spüren, dreht sich das Bild allerdings um: Knapp 90 Prozent spüren einen hohen Publikationsdruck, aber nicht mal jede*r vierte Befragte sieht sich bei den Zielen „Open Science“ und „Gute Lehre“ hohen Erwartungen ausgesetzt. Das führt in der Forschungspraxis dazu, dass der Publikationsoutput gegenüber anderen Aufgaben höher priorisiert wird, obwohl diese Ziele von den Forschenden prinzipiell als wichtiger eingeschätzt werden.
Die Forscher*innen des Projekts Berlin Science Surveys sehen dieses Missverhältnis kritisch: „Es kann sowohl zu einer unnötigen Belastung von Wissenschaftler*innen führen als auch negative Auswirkungen auf die Forschungs- und Lehrqualität haben. Die verschiedenen Effekte der Anreizstrukturen im Wissenschaftssystem sind Gegenstand des Projekts und werden von uns weiter untersucht werden”, so Projektleiter Dr. Jens Ambrasat in der gemeinsamen Pressemitteilung der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Technischen Universität Berlin und der Charité – Universitätsmedizin Berlin, die auf idw veröffentlicht wurde.
Der Basisbericht steht hier zum Download bereit.
Zum Berlin Science Survey:
Der Berlin Science Survey ist eine wiederkehrende Online-Befragung von Wissenschaftler*innen an den Einrichtungen der Verbundpartnerinnen der Berlin University Alliance und außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Berlin Research 50 (BR50), die zum ersten Mal von November 2021 bis Februar 2022 mit über 1000 Teilnehmenden durchgeführt wurde. Der Basisbericht wurde jüngst veröffentlicht. Vertiefte Auswertungen zu einzelnen Themen wie Kooperationen, Open Science, Wissenstransfer und Forschungsqualität erscheinen sukzessive in den kommenden Monaten. Die Befragung soll alle zwei Jahre wiederholt werden, um Erfahrungen und Meinungen der Wissenschaftler*innen im integrierten Forschungsraum zu erheben und Trends in den Forschungspraktiken, den Diskursen und den Einstellungen der Forschenden sichtbar zu machen.
Zur Berlin University Alliance:
Die Berlin University Alliance ist der Verbund der drei Berliner Universitäten Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technische Universität Berlin sowie der Charité – Universitätsmedizin Berlin für die gemeinsame Gestaltung von Wissenschaft in Berlin. Die vier Partnerinnen haben sich zusammengeschlossen, um den Wissenschaftsstandort Berlin zu einem gemeinsamen Forschungsraum weiterzuentwickeln, der zur internationalen Spitze zählt. Im Zentrum der Zusammenarbeit stehen dabei die gemeinsame Erforschung großer gesellschaftlicher Herausforderungen, die Stärkung des Austausches mit der Gesellschaft, die Nachwuchsförderung, Fragen der Qualität und Wertigkeit von Forschung sowie übergrei-fende Vorhaben in Forschungsinfrastruktur, Lehre, Diversität, Chancengerechtigkeit und Internationalisierung. Die Berlin University Alliance wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Land Berlin im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern.
Pressekontakt
Suhana Reddy
Leitung der Kommunikation der Berlin University Alliance
E‑Mail: suhana.reddy@berlin-university-alliance.de